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Lichtbildstelle/Fotolabor der Polizei Dortmund, 1960er Jahre

Fotolabor in den 1960er Jahren
Bild
Lichtbildstelle/Fotolabor der Polizei Dortmund, 1960er Jahre
Im Vordergrund rechts: Alexander Primavesi - lesen Sie mehr zu dieser Person*

Im Polizeipräsidium Dortmund ist der Name *Alexander Primavesi jedem ein Begriff, der sich schon einmal mit der Rolle dieser Behörde in der Zeit des Nationalsozialismus zwischen 1933 und 1945 befasst hat. Der gelernte Fotograf und Kriminalhauptmeister war bis 1986 im Polizeidienst tätig und archivierte die dunkele Epoche der Dortmunder Polizei.

Er begann seinen Dienst im Polizeipräsidium Dortmund 1951, nachdem er zuvor eine Fotografenlehre gemacht und zeitweise als Kaufmann gearbeitet hatte. Als Kriminalbeamter baute er maßgeblich die Lichtbildstelle mit Fotolabor der Kriminaltechnik mit auf. Dieses Bild zeigt Alexander Primavesi in den 1960er Jahren als jungen Kriminalbeamten der Lichtbildstelle vorne rechts.

Rückblick: Zur Aufrechterhaltung der Ordnung waren nach Kriegsende zunächst die meisten Beamten im Dienst verblieben - auch die, die kurz vorher für das nazionalsozialistische Regime gemordet und gefoltert hatten. Dafür wurden die sogenannten Entnazifizierungsurkunden (auch "Persilscheine" genannt) von einer Kommission der Besatzungsmächte ausgestellt. Eine Originalurkunde von einem Dortmunder Polizeibeamten ist in unserer Polizeiausstellung 110 in der 1. Etage des Polizeipräsidiums zu sehen. In der Nachkriegszeit wurde eifrig an der Rehabilitierung der "alten" Polizeibeamten gearbeitet, wodurch zahlreiche Kriegsverbrechen einfach ungesühnt blieben. Diese Ungerechtigkeit brachte auch Alexander Primavesi zum Umdenken, der in der NS-Zeit aufgewachsen und in der Hitlerjugend Scharführer gewesen war.  

Als Sohn einer italienischen Bankiersfamilie mit langer Geschichte war er immer an der Ahnenforschung interessiert gewesen. So beauftragte ihn der ehemalige Polizeipräsident Wolfgang Manner Anfang der 1980er Jahre mit der Aufarbeitung der NS-Geschichte der Dortmunder Polizei sowie des Regierungsbezirkes Arnsberg. Schnell fand er in den Aktenarchiven entsprechendes Material, wie zum Beispiel die Nachweise des berüchtigten Polizeibataillons 61, das regelmäßig die KZ-Transporte nach Polen begleitete und Juden dort in den Ghettos bewachte.

In vier Jahren sichtete er tausende Dokumente und rund 8000 Personalakten, die er dokumentierte und akribisch archivierte. Dabei deckte er unzählige Verbrechen auf, die jedoch selten zu Verurteilungen oder dienstlichen Sanktionen führten. Er fand Dokumente über Sammel-Deportationen in die verschiedenen Konzentrationslager des NS-Regimes, die meistens von der Polizei durchgeführt und begleitet wurden und die Befehle für Massenhinrichtungen.

Als Primavesi im Jahr 1986 in den Ruhestand ging, führte er seinen Auftrag ehrenamtlich weiter, um diesen Teil der Geschichte dem Staatsarchiv Münster übergeben und für die nachfolgenden Generationen sichern zu können. Ein ganzes Druckwerk mit über acht Buchbänden entstand so. Dieses stellte er 1995 für die Behörde fertig und übergab dieses an das Staatsarchiv. Ein Jahr später verstarb Alexander Primavesi im Alter von 69 Jahren.

Die, die damals mit ihm zusammen arbeiteten, beschreiben ihn als netten, ruhigen und belesenen Mann, der literarisch sehr interessiert war. Während seiner ehrenamtlichen Tätigkeit für das NS-Archiv der Behörde unterstützte ihn die Lichtbildstelle tatkräftig mit der Entwicklung der aufgefundenen Negative und Primavesi hatte dabei höchste Ansprüche an die Qualität. 

Seine Buchbände sind wichtiger Bestandteil des Archives der Polizeiausstellung 110 und können gerne auf telefonische Anfrage (0231/132-1034) eingesehen werden. Sie dienen heute noch vielen Historikern und Archivaren als Quelle auf dem Weg zu ihren Doktorarbeiten. So erfüllt sich auch der Wunsch des ehemaligen Kollegen, den er in einem Interview äußerte:

"Es ist von Wichtigkeit, dass dieses Material erhalten bleibt. Es muss besonders für junge Menschen genutzt werden in Form von Vorträgen oder wissenschaftlichen Arbeiten."

Verfasst von:
Polizeihauptkommissarin M. Jankers

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