Einen Monat auf Streife in Ibiza

Mein „Tutor“ Cornelis und ich in Santa Eularia des Riu bei der Durchführung einer Fussstreife.
Einen Monat auf Streife in Ibiza
Polizeioberkommissar Mike Geldermann aus Gelsenkirchen geht mit seinen spanischen Kollegen von der Guardia Civil auf Streife.
Polizei Gelsenkirchen, Mike Geldermann

Ich bin einer von acht glücklichen Polizeibeamten aus NRW, die die Möglichkeit bekommen haben, Dienst zusammen mit der Guardia civil zu versehen. Bei mir handelte es sich um den Zeitraum vom 1. Juli bis zum 1. August 2019. Mein Dienstort war Ibiza. Genauer gesagt Santa Eularia des Riu. Diese Ortschaft befindet sich im östlichen Teil der Insel.

In der Bewerbung hatte ich keinen speziellen Einsatzort erwähnt, da dies keine oberste Priorität war. Für mich stand die Zusammenarbeit mit den spanischen Kollegen im Vordergrund. Zur Auswahl standen Mallorca, Cadiz, La Coruña und Ibiza. Anfang Mai kontaktierte mich der Polizeiattaché von der spanischen Botschaft in Berlin. Er überprüfte meinen spanischen Sprachwortschatz und teilte mir mit, dass es sich bei meinem Einsatzort um Ibiza handelt. Ich freute mich riesig und bedankte mich.

Nachdem ich den Flug gut überstanden und auf Ibiza planmäßig gelandet war, erwarteten mich bereits zwei Kollegen der Guardia Civil. Es handelte sich hierbei um einen Kollegen, welcher direkt am Flughafen seinen Dienst versieht und um Leutnant Javier. Er begrüßte mich herzlich und erkundigte sich nach meinem Wohlbefinden. Ich fühlte mich direkt heimisch und begann mit dem „smalltalk“. Die Schusswaffe befand sich zu diesem Zeitpunkt bereits in der Polizeiwache der Guardia Civil innerhalb des Flughafens. Nachdem ich mein komplettes Gepäck beisammen hatte, suchten wir direkt die Wache auf, um die Schusswaffe entgegen zu nehmen.

 

Viele Einsätze wegen Häuslicher Gewalt und Drogenmissbrauch

Nun fuhren wir zu meinem zukünftigen Dienstort. Während der Fahrt unterhielten wir uns über dienstliche Belange und ich wollte u.a. wissen, was der häufigste Einsatzgrund in Santa Eularia des Riu sei. Javier gab an, dass die Fallzahl der„häuslichen Gewalt“ extrem gestiegen sei. Es sei nicht selten, dass man pro Schicht zwei, drei Mal diesen Einsatz erhält. Er fügte hinzu, dass auch Drogenmissbrauch ein großes Thema auf Ibiza sei.

Als wir an der Polizeiwache ankamen, zeigte er mir die Räumlichkeiten der Wache. Hierbei stießen wir natürlich auf weitere „compañeros“. Sie waren auch freundlich und begrüßten mich herzlich. Hier muss ich hinzufügen, dass ich positiv überrascht war. Ich halte mich privat häufig auf dem spanischen Festland auf und die Guardia Civil habe ich noch nie so freundlich wahrgenommen. In der Polizeiwache erhielt ich meinen Dienstplan für den Monat Juli. Die Dienstzeiten gleichen unseren weitestgehend. Es kommt hier jedoch mal vor, dass man an einem Tag zunächst Früh und später am selben Tag Nachtdienst versieht. Ich war gespannt wie die Belastung sein würde. Es stellte sich heraus, dass dies schon ein wenig an der Physis nagt. Es ist jedoch eine Gewohnheitssache wie so Vieles im Leben.

 

Meine erste Schicht

Am Montag den 1. Juli 2019 wurde ich früh morgens vom Leutnant Javier an meinem Hotel abgeholt. Es begleiteten mich zwei Kollegen der Carabinieri aus Italien. Wir begaben uns zum Commandante der Guardia Civil Ibiza. Er war höflich und erkundigte sich nach unserem Wohlbefinden. Nach dem Gespräch begaben wir uns zur Hauptwache der Policia local in Santa Eularia des Riu. Wir wurden freundlich empfangen und wir suchten ein Café auf. Hier verabschiedete sich immer mehr die angestiegene Nervosität. Nach dem lockeren Gespräch ging es weiter zur Bürgermeisterin von Santa Eularia des Riu. Am Rathaus lernte ich auch meinen zukünftigen Streifenpartner kennen. Es handelt sich hierbei um Cornelis.

Der Leutnant zeigte uns nach dem Besuch im Rathaus unser Einsatzgebiet. Nachdem wir alles mehr oder weniger gesehen hatten, brachte er uns zurück zum Hotel. Die beiden italienischen Kollegen und ich begaben uns auf unsere Zimmer, wechselten die Kleidung, und setzten uns gemeinsam an einen Tisch im Restaurant. Wir verstanden uns sehr gut und waren einer Meinung, was die Zusammenarbeit in Europa angeht. Es ist einfach FANTASTISCH. Durch den Austausch kann man den Kollegen helfen, indem man u.a. die sprachliche Barriere „bei Seite“ schafft.Weiterhin kann man interessante Leute kennenlernen und Freundschaften schließen. Was gibt es besseres?

Während meiner ersten Schicht begaben sich mein Streifenpartner und ich zur Promenade von Santa Eulalia des Riu. Hier gibt es vermehrt Taschendiebstähle sowie Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz. Es dauerte nicht lange bis ich von den ersten deutschen Touristen angesprochen wurde. Sie erkundigten sich über die Zusammenarbeit zwischen Spanien und Deutschland und gaben ein positives Feedback.

Nachdem wir hier unsere Fußstreife beendet hatten, begaben wir uns zu einigen Hotels in denen erfahrungsgemäß viele deutsche Staatsbürger ihren Urlaub verbringen. Die Hotelmanager waren allesamt positiv überrascht und gaben an, dass sie sich melden, sobald ein deutscher Tourist Hilfe benötigen würde.In einem Hotel sprach mich ein Polizist aus Oberhausen an. Er erkundigte sich über meine Tätigkeit vor Ort und war positiv überrascht, dass dies möglich sei.

An einem Freitag wurde das neue Schiff der Guardia Civil präsentiert. Hierzu kamen Politiker, Presse und der Commandante der Guardia Civil Ibiza. Das Schiff dient dazu, Flüchtlinge von den Schlauchbooten zu retten und sicher ans spanische Festland zu bringen. Weiterhin soll mit diesem Schiff auch der Drogentransport von Italien bzw. Afrika nach Spanien unterbunden werden. Es war spannend zu sehen, wie sich die spanischen Kollegen gegenüber Politikern verhalten. Hierbei konnte man erkennen, dass die Kollegen der Guardia Civil „militärisch“ ausgebildet werden. Unter anderem erkannte man dies an dem Salutieren.

 

Hilfe in einem ganz besonderen Fall

Ein 12-jähriger deutscher Junge wurde von Kollegen in Santa Eularia angetroffen. Zu diesem Zeitpunkt war der Junge lediglich mit einer Badehose bekleidet. Da er Verletzungen am linken Arm vorwies und augenscheinlich geweint hat, entschlossen sich die Kollegen den Jungen mit zur Wache zu nehmen. Es stellte sich heraus, dass eine Kommunikation aufgrund der sprachlichen Barriere nicht möglich war. Ich hatte an diesem Tag frei und befand mich in meiner Hotelanlage. Die Kollegen kontaktierten mich telefonisch und fragten, ob ich mich zur Wache begeben könne, um den vorhandenen Sachverhalt aufklären zu können. Ich unterhielt mich mit dem Jungen und stellte zielgerichtete Fragen. Die Kollegen hatten den Verdacht, dass das Kind körperlich misshandelt worden wäre. Der Junge erzählte mir, dass er sich mit seinen Eltern und seiner Schwester am Strand befunden habe. Es kam zu einer verbalen Streitigkeit zwischen ihm und seiner neunjährigen Schwester. Er steigerte sich so sehr in die Streitigkeit hinein, dass er für sich entschloss fußläufig die Örtlichkeit zu verlassen. Es sei zu keiner körperlichen Auseinandersetzung gekommen. Nachdem der Junge dies schilderte, fragte ich ihn hinsichtlich seiner Verletzungen am linken Arm. Er fing an zu lachen und sagte, dass er versucht habe, eine Feuerqualle im Meer zu fangen. Dies hatte leider nicht geklappt und er berührte mit seinem linken Arm die Feuerqualle. Daher stammen die Verletzungen.

Das Kind gab mir die Handynummer seiner Eltern. Ich rief sie an und sie waren froh, dass ihr Junge wohl auf war. Sie hatten selbstständig nach ihrem Sohn gesucht und kamen nun auf die Wache. Als sie dort ankamen, hatten alle Tränen in den Augen und schlossen sich in die Arme. Aufgrund meiner Übersetzung konnte der Anfangsverdacht einer Straftat aufgelöst werden.

 

Viel positives Feedback

Mein Fazit zur Zusammenarbeit mit den Kollegen der Guardia Civil fällt positiv aus. Ich bin froh, dass ich mich beworben habe und dass ich die Zusage seitens des Innenministeriums NRW sowie des spanischen Generalkonsulates in Berlin erhalten habe. Ich spürte, dass die Kollegen erleichtert waren, dass ein deutschsprachiger Kollege vor Ort seinen Dienst versieht. Weiterhin bemerkte ich auch bei der spanischen Bevölkerung Ibizas sowie den Touristen, dass sie mich positiv wahrgenommen und respektiert haben.

Die Zusammenarbeit empfand ich als sehr eindrucksvoll. Ich konnte feststellen welche Unterschiede zwischen den spanischen und deutschen Kollegen vorhanden sind. Die Ausrüstung ist auch unterschiedlich. Ich konnte Freundschaften mit spanischen Kollegen und auch mit den Kollegen aus Italien schließen.

Bei Einsätzen, in denen ich Kontakt mit Menschen aus Deutschland hatte, gab man mir gegenüber an, dass man froh sei, dass ich anwesend bin. Bei den Personen handelte es sich um Geschädigte von Straftaten - meistens um Einbruchsdiebstahl in gemieteten Wohnobjekten. Da sie die spanische Sprache nicht verstanden haben bzw. nicht Spanisch sprechen konnten, waren sie erleichtert, dass ich für sie übersetzen konnte.

Zum Abschluss möchte ich nochmals beim Innenministerium NRW bedanken. Ich konnte meinen Erfahrungsschatz stark erweitern. Zum jetzigen Zeitpunkt gehe ich davon aus, dass ich mich nächstes Jahr erneut bewerben werde. Vorausgesetzt die Guardia Civil sucht Kollegen der Landespolizei NRW.

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